Seit 2013 ist das Düsseldorfer Unternehmen Boxine GmbH (so heißt die Firma, welche die bei Kindern so beliebten Tonies und Tonieboxen entwickelt und vertreibt) von einem acht-Personen Betrieb auf ein 190 Personen starkes Team in 2020 angewachsen – Tendenz steigend. Innerhalb von vier Jahren Geschäftstätigkeit gehören die Audiosystem-Spielzeuge bereits zum festen Inventar von Kinderzimmern im DACH-Raum, Irland und dem Vereinigten Königreich. Neuerdings ist das Unternehmen auch auf dem hart umkämpften Spielzeugmarkt in den Vereinigten Staaten vollumfänglich tätig. Der ausgewiesene Umsatz beträgt im Jahr 2020 bereits 140 Mio. EUR. Wir wollten wissen, wie die Gründer des Audiosystem-Startups für Kinder das alles geschafft haben und haben uns mit den Gründern Patric und Marcus über den kometenhaften Aufstieg von tonies® ausgetauscht.
Startup-Unit: Kurz und knapp, wie würdet ihr euer Produkt den Eltern vorstellen?
tonies®: Wir haben 2016 tonies® veröffentlicht, das clevere Audiosystem für Kinder ab 3 Jahren. Seitdem ersetzt es in zahlreichen Kinderzimmern CD-Spieler oder Kassettenrekorder. Unser System besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: Der Toniebox und unseren handbemalten Tonies (Hörfiguren). Stellt man einen Tonie auf die Toniebox, spielt sie den entsprechenden Inhalt ab. Dabei ist die Toniebox weich gepolstert und intuitiv zu bedienen, da wir ganz bewusst auf ein Display, Knöpfe oder Regler verzichtet haben. Sie hat lediglich zwei Ohren, an denen man die Lautstärke regeln kann. Durch kippen lassen sich Inhalte vorspulen, durch einen Klaps springt man einen Titel vor oder zurück. Durch den integrierten Akku ist sie auch unterwegs einsetzbar und garantiert an jedem Ort unbegrenzten Hör-Spiel-Spaß.
Startup-Unit: Wie hat sich Euer Geschäftsmodell von der ersten Idee bis zur Marktreife entwickelt?
tonies®: 2013 haben wir den ersten Toniebox Mockup erstellt. Der war mit Stoff überzogen und besaß schon kleine Ohren. Somit waren wir schon relativ früh sehr nah am heutigen Konzept und haben im Prinzip nur noch Details geändert. Unser Ziel war es von vornherein, für Erwachsene entwickelte Nutzungskonzepte im Kinderzimmer zu überarbeiten und aus der Perspektive von Kindern neu zu denken. So war es aus unserer Sicht nur logisch, dass man z.B. die Lautstärke mit dem großen Ohr lauter und mit dem kleinen Ohr leiser einstellen kann, ohne dass man dies noch durch ein Plus- oder Minuszeichen zusätzlich kennzeichnen müsste. Die Bedienung per Kippen oder Klappsen geht in eine ähnliche Richtung. Wenn man sich heute anschaut, wie schnell und problemlos auch schon sehr kleine Kinder mit der Toniebox umgehen, haben wir hier vermutlich einiges richtig gemacht.
Auch die Verbindung von Toniebox und Tonies war damals schon angedacht. Wir wollten Figuren zum zentralen Steuerelement machen und sie gleichzeitig emotional aufladen. So konnten wir digitalen Content für Kinder wieder anfassbar und erlebbar machen. Auch diese Überlegung hat sich bis zur Marktreife nicht geändert.
Startup-Unit: Wie schon bekanntgegeben seid ihr wachstumstechnisch kaum noch aufzuhalten. Welche Rolle spielt/e der Standort Düsseldorf für diese Entwicklung?
tonies®: Düsseldorf ist eine hochattraktive Stadt und von der Größe her perfekt für uns. Durch die zentrale Lage in Europa in Verbindung mit einem internationalen Flughafen fällt es uns leicht, nationale und internationale Geschäftspartner zu treffen. Darüber hinaus besitzt die Stadt eine sehr hohe Lebensqualität, was uns hilft, potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem Umzug nach Düsseldorf zu bewegen. Durch die Universität haben wir zudem schnellen und unkomplizierten Zugang zu vielen neuen Talenten, die Lust darauf haben, gemeinsam mit uns etwas aufzubauen. Gleichzeitig gibt es in der Stadt viel Knowhow aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Von Banken über Unternehmensberatungen bis hin zu Kreativagenturen findet man hier für jede Herausforderung schnell und unkompliziert einen entsprechenden Partner. Dies hat uns gerade in der Anfangszeit sehr geholfen. Insofern gibt es viele Facetten, die Düsseldorf spannend machen.
Startup-Unit: Hand aufs Herz, wie schwierig war der Gründungsprozess in der Praxis?
tonies®: Natürlich gab es einige Hürden auf dem Weg, doch Patric und ich haben nach und nach immer mehr Spaß daran gefunden, genau diese Hürden aus dem Weg zu räumen. Jede Hürde, die man erfolgreich genommen hat, gibt einem mehr Vertrauen darin, dass man seine Vision wirklich umsetzen kann. Dabei hilft natürlich ein gutes Team, das sich perfekt ergänzt und an die eigene Vision glaubt.
Die Tonies sind sozusagen der Schlüssel zu unseren Hörinhalten. Mittlerweile bieten wir über 250 Tonies an, von Benjamin Blümchen, über Räuber Hotzenplotz bis zu den DisneyKlassikern. Alle Tonies werden mit viel Liebe zum Detail gestaltet und handbemalt, was sie auch unabhängig von der Toniebox zu beliebten Spielfiguren bei Kindern machen. Neben den regulären Tonies bieten wir auch sogenannte Kreativ-Tonies an. Diese können völlig frei mit eigenen Inhalten bespielt werden und bieten sich so für personalisierte Grußbotschaften oder eigene Hör-Abenteuer an.
Startup-Unit: Mit den heutigen Erkenntnissen, welche Kopfschmerzen in Bezug auf Euer Unternehmenswachstum hättet ihr euch gerne erspart?
tonies®: Rückblickend zeigt uns unser Erfolg, dass wir einige Dinge richtig gemacht haben. Dabei bin ich jedoch fest davon überzeugt, dass jede erfolgreich gemeisterte Herausforderung wichtig für unsere weitere Entwicklung war. Aus Fehlern lernt man und nur so kommt man insgesamt als Unternehmen voran.
Startup-Unit: Unterschiedliche Erfahrungen machen Unternehmen bekanntlich einzigartig. Was hebt euch in diesem Sinne der Konkurrenz ab?
tonies®: Wir haben von Anfang an die Toniebox aus der Perspektive eines Kindes gedacht. Daher musste die Bedienung völlig intuitiv und einfach funktionieren, ohne den Einsatz von Knöpfen oder Schaltern. Auch wenn die Toniebox eigentlich erst für Kinder ab drei Jahren freigegeben ist, sehen wir, dass auch schon deutlich jüngere Kinder die Toniebox ohne Probleme selbstständig bedienen können. Ich glaube, dass dies einer der Schlüssel unseres Erfolg war: die Toniebox immer aus der Perspektive der Kinder zu denken, denn sie sind es, die schlussendlich damit Spaß haben.
Startup-Unit: Welche Entwicklungen hat die Pandemie bei euch beschleunigt? Welche Herausforderungen schultert Ihr gerade?
tonies®: Die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unserer Geschäftspartner steht für uns natürlich an erster Stelle. Daher haben wir im März letzten Jahres sehr schnell auf die neue Situation reagiert und soweit möglich sämtliche Kolleginnen und Kollegen ins Home-Office geschickt. Dies funktioniert bis heute erstaunlich gut, vor allem weil sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr schnell und offen auf die neuen Rahmenbedingungen eingestellt haben. Darüber hinaus hat Corona natürlich viele unserer Lieferketten durcheinandergewirbelt, was teilweise dazu geführt hat, dass wir vor allem im Weihnachtsgeschäft nicht alle Produkte in ausreichender Menge verfügbar hatten. Daher haben wir den Prozess beschleunigt, für zentrale Bauteile einen zweiten Zulieferer zu suchen. Das macht uns von lokalen Ereignissen etwas unabhängiger, ist jedoch auch aufgrund der geplanten Produktionszahlen wichtig.
Startup-Unit: Stellt euch vor, Ihr steht vor jungen Leuten die zeitnah in das Berufsleben einsteigen wollen. Wie würdet Ihr die Menschen, die für Euch arbeiten am besten beschreiben?
tonies®: Auch wenn wir zahlenmäßig vielleicht nicht mehr dem klassischen Start-Up entsprechen, so haben wir uns dieses gewisse Gefühl bis jetzt erhalten. Wir alle brennen für die Tonies und geben jeden Tag unser Bestes, Kinderaugen weltweit zum Strahlen zu bringen.
Startup-Unit: Wagen wir einen Blick in die Zukunft – wie geht’s bei euch weiter? Erzählt uns von euren zukünftigen Ambitionen.
tonies®: Das Thema Internationalisierung ist für uns weiter sehr spannend. Nachdem wir 2018 in UK und Irland an den Start gegangen sind, konnten wir innerhalb von 12 Monaten unseren US-Launch planen und dann im September 2020 auch durchführen. Mit der Entwicklung auf diesen Märkten sind wir außerordentlich zufrieden, so dass wir in diesem Jahr in Frankreich launchen werden. Darüber hinaus haben wir mit der Audiothek auf meinetonies.de eine noch relativ neue Produkterweiterung, die es unseren Kunden ermöglicht, neue Folgen für ihre Lieblingstonies bequem online zu kaufen. Dieses Angebot werden wir weiter ausbauen, da wir hier großes Wachstumspotenzial sehen. Zudem haben wir mit Markus Langer an der Spitze in Hamburg ein eigenes Produktionsteam, was für uns eigene Inhalte erstellt. Auch hier werden wir in naher Zukunft einige spannende Produkte vorstellen können. Und natürlich werden wir auch weiterhin viele tolle neue Tonies auf den Markt bringen.
Titelbild ©2021 Boxine GmbH